Laurence Anyways

Drama, Kanada/Frankreich 2012, 168 min

Mit vier Jahren stand er in Werbespots erstmals vor der Kamera. Als Kind und Jugendlicher wirkte er in zahlreichen Fernsehserien mit. Als 19-Jähriger drehte er seinen ersten Film (»I killed my Mother«), dem bereits ein Jahr später »Herzensbrecher« folgte. Es ist nicht ganz übertrieben, bei dem jungen Frankokanadier Xavier Dolan von einem Wunderkind zu sprechen. Bei aller jugendlichen Unbekümmertheit und Leidenschaft sind seine Filme nicht nur inhaltlich aufwühlend sondern auch formal auf höchstem Niveau. Da ist nichts von Bescheidenheit oder Vorsicht eines Debütanten. Klotzen, nicht Kleckern prägt seinen Gestaltungswillen, und der erfährt in seinem neusten Werk »Laurence Anyways« einen weiteren Höhepunkt. Erzählt wird die Liebesgeschichte zwischen dem Lehrer Laurence und seiner Freundin Frédérique, kurz Fred genannt. Über zehn Jahre wird das Drama der beiden begleitet, denn Laurence fühlt sich in seinem Körper nicht wohl und möchte lieber eine Frau werden. Seine Mutter (Nathalie Baye) hat ihn als Sohn nie akzeptieren können, als Tochter ist es auf einmal möglich. Ganz anders reagiert die Umwelt auf seine Wandlung zum anderen Geschlecht. Die Suspendierung vom Schuldienst ist noch das Harmloseste. Groß natürlich die Verzweiflung von Fred, liebt sie doch ihre(n) Laurence noch immer. Dolan inszeniert die Zerrissenheit seiner Helden geradezu hemmungslos. Eine ausufernde Geschichte, Optik zwischen Opulenz und knallhartem Realismus und spätestens, wenn der Liebesschmerz ganze Appartements hinweg spült, weiß man nicht mehr ganz genau, ob man sich für Ergriffenheit oder Kitsch entscheiden soll, aber auf jeden Fall gilt: „Ganz großes Kino“.
Frank Apel

Buch: Xavier Dolan

Regie: Xavier Dolan

Darsteller: Melvil Poupaud, Suzanne Clément, Nathalie Baye, Monia Chokri, Yves Jacques, Guylaine Tremblay, Catherine Bégin, Sophie Faucher

Kamera: Yves Bélanger

Musik: Noia

Produktion: Lyla Films, MK2 Prod., Lyse Lafontaine, Nathanaël Karmitz

Bundesstart: 27.06.2013

Start in Dresden: 04.07.2013

FSK: ab 6 Jahren