24. März 2020

Anstatt eines Nachrufes

Mach´s gut mein lieber Frank!
Anstatt eines Nachrufes
1979 hörte ich erstmals im zarten Alter von 15 Jahren vom „Filmklub Marschnerstraße“. Dort wurden Filme gezeigt, die man sonst im DDR-Kino nicht zu Gesicht bekommen hätte. Dazu gab es in den Kinos des Ostens, außer in irgendwelchen Visionsbaren, weder Getränke noch irgendwelche Dinge zum Verzehr. Im Klubkino Marschnerstraße war dies möglich. Neben Limo gab es auch Bier, das da so in Harassen neben dem improvisierten Tickettisch gestapelt stand, der noch mit selbstgemachten Schnittchen und Fettbemmchen bestückt war. Das Kino war eigentlich auch kein richtiges Kino sondern der Hörsaal 172 der Ingenieurhochschule Dresden. Mit 15 musste man schon betont männlich dreinschauen, um der Person an der Eintrittsbierkasse einen halbwegs studentischen Eindruck zu vermitteln, auch was den Erwerb des Bieres anbelangte. Im Saal gab es natürlich diese wunderbaren alten Sitze mit den Klapptischen an der Lehne des Vordermannes, auf der man gepflegt sein Coschi plus Fettbemmchen abstellen konnte. Vor Beginn eines jeden Filmes trat ein kleiner untersetzter Mann vor das Publikum, der selber irgendwie noch wie ein Junge aussah und redegewandt und unterhaltsam über den jeweiligen Film und seine Nebengeschichten zu berichten wusste. Am stärksten ist mir diese in Erinnerung geblieben, in der sich Andrej Kontschalowski, Bernardo Bertolucci und Francis Ford Coppola einst in einer Kneipe in Cannes getroffen haben sollen und am Ende des Abends vereinbart haben, dass jeder einen Monumentalfilm über eine Familie seines Landes drehen wird. Bertolucci ließ »1900« erstehen, Coppola »Der Pate« und Kontschalowski drehte die unbegründet weniger beachtete »Sibiriade«. Der jungenhafte Mann, der all das zu berichten wusste, war kein Geringerer als Frank Apel, der dann auch die »Sibiriade« aufführte und es bemerkenswerter Weise geschafft hatte, uns »1900« zu zeigen. »Der Pate« war dann aber für DDR-Verhältnisse wohl dann doch zu fett.

Nach der Wende wurde Frank der wohl renommierteste und dienstälteste Kinobetreiber Dresdens, dem die Stadt so manchen Saal und so manches Kinoerlebnis zu verdanken hatte. Allen voran die erste Restaurierung und der Umbau der Schauburg, der ihm wohl zu Recht den Titel als Vater der Schauburg einbrachte. Regelmäßig gerieten wir dann auch aneinander, als ich begann für den Kinokalender zu schreiben, da er mit meinem, sagen wir mal, unkonventionellen Schreibstil anfangs oft auf Kriegsfuß stand. Als 2006 „Die Dresden-Rolle“ mit meinem filmischen Beitrag „Statt Dresden“ in seinem Kino „Metropolis“ Premiere hatte, klopfte er mir hernach adelnd auf die Schulter und sagte „Hut ab, Du kannst ja nicht nur ne große Klappe haben!“. Mach´s gut mein lieber Frank, wir sehen uns!

Ray van Zeschau

Foto: Frank Apel, 2008, © Christoph Reime