6. Oktober 2022

„Mehr als nur ein Kino“ - Das Rundkino wird 50 Jahre jung!

Interview mit Gerhard Landgraf, dem Architekten des Rundkinos
„Mehr als nur ein Kino“ - Das Rundkino wird 50 Jahre jung!
Wie kam es zum besonderen Aussehen des Rundkinos?
In erster Linie wollte man in Dresden ein Kino schaffen, was es noch nicht gegeben hat. Es gab nur drei Forderungen: Die erste war der Standort am Ende der Wohnzeile, von allen drei Seiten, Budapester Straße, ­Altmarkt und Prager Straße sollte das Filmtheater gleich aus­sehen, das sollte keine Kanten, keine Ecken, keine Anbauten, das sollte sogar kein Dach haben, das sollte absolut gleich aussehen. Die dritte Anforderung, es sollte mindestens für 1.000 Personen Platz bieten.
Wir hatten ursprünglich mehr ein Oval angedacht, das war aber nicht so das Richtige. Ich musste aber als verantwortlicher Architekt das Ganze in eine Richtung bringen, dass es der Stadt irgendwie gefällt, was wir ja am Ende ooch erreicht haben. Allerdings mit einer Veränderung. Ursprünglich sollte es nur ein Zylinder sein.
Als der Entwurf fertig war, berechnete der Kostenplaner die Sache und stellte fest, dass das Ganze mehr kostet, als die Stadt ausgeben konnte. So habe ich von dem Zylinder praktisch eine Etage weggeschnitten, so dass sich daraus die heutige Form ergab.

Wenn man also genügend Geld gehabt hätte, wäre das Kino einheitlich zylindrisch geworden?
Ja und wahrscheinlich nicht so attraktiv.

Wofür Geldmangel doch gut sein kann und der Spruch „Weniger ist manchmal mehr“ eine hervorragende Entsprechung findet.
… so, nun ging aber die weiß emaillierte Tafel- bzw. ­Lamellenverkleidung nicht mehr bis ganz runter, so dass durch die Zusammenarbeit mit dem Grafiker ­Gerhard Papstein diese rechteckigen Stabwerks-Ornamente aus Stahl entstanden.
Am Ende erstaunte Papstein und mich, dass, wenn man direkt auf die Mitte des Gebäudes schaute, die Rechtecke man auch als solche sah, doch diese bei bestimmten Lichtverhältnissen nach außen hin immer mehr zu Rhomben wurden. Musste mal gucken.

Die weiße Lamellenverkleidung am Turm ist emailliert?
Ja, wir wollten das aus weiß emailliertem Aluminium haben, da wir uns dachten, anstreichen kann man das nicht, da müsste man ja aller paar Jahre ständig nachstreichen. So sind wir nach Beutha gefahren, da gab es ein Werk, das Badewannen und Verkehrsschilder herstellte. Das war für die natürlich auch absolutes Neuland und die mussten das erst durch Berlin genehmigen lassen.
Wieviel sollte denn das Kino kosten?
25 Millionen
… und wieviel hat es am Ende gekostet?
25 Millionen und keinen Pfennig mehr.

Ein Entwurf dieser Art würde einem Architektenbüro heutzutage eine ordentliche Stange Geld einbringen. Was verdienten Sie damals als Architekt?
Zweieinhalb bis Drei monatlich als festes Gehalt. Es gab auch ab und zu mal ne Prämie. Für mich zwei mal in 45 Berufsjahren (grinst).

Hatten Sie eigentlich einen Lieblingsfilm, den sie im Rundkino gesehen haben?
Nö.
Sie waren aber im Rundkino?
Ja klar, ich hatte auch am Anfang eine Freikarte. Wenn ich also mal in der Stadt oder auf ’ner Baustelle war, davon abgesehen, dass ich damals mit einer Dame aus’m Imbiss bissl angefangen hatte ein Verhältnis zu führen, brauchte ich am Eingang gar nichts zu zeigen.

Das Rundkino wurde so konzipiert, dass es von allen Seiten und schon von Weitem gut zu sehen war. Wer hat das zu verantworten, dass es in einer so verantwortungslosen Weise zugebaut wurde?
(Herr Landgraf grinst wissend und reibt den Daumen am Zeigefinger.)


Das Gespräch führte Ray van Zeschau.


Foto: Gerhard Landgraf, Architekt des Rundkinos, Foto © Ray van Zeschau, 2022