7. Februar 2019

Spitzmaus Mummy und andere Schätze

Wes Anderson und Juman Malouf in Wien. Interdisziplinarität ist ein viel gerühmtes Wort. So ist es für das Kunsthistorische Museum Wien nur folgerichtig, Künstler verschiedener Gattungen einzuladen.
Spitzmaus Mummy und andere Schätze

Interdisziplinarität ist ein viel gerühmtes Wort. Genauso wie die Forderung, über den Tellerrand zu blicken. So ist es für eine große Institution wie das Kunsthistorische Museum Wien nur folgerichtig, Künstler verschiedener Gattungen einzuladen, eine eigene Ausstellung zu kuratieren. Den Anfang machte 2012 der US-amerikanische Maler Ed Ruscha. Es folgten der britische Keramikkünstler Edmund de Waal und nun Filmemacher Wes Anderson zusammen mit seiner Partnerin Juman Malouf, ihres Zeichens Autorin und Illustratorin aus dem Libanon. Sie zeigen bis zum 28. April in Wien »Spitzmaus Mummy in a Coffin and other Treasures«.

Anderson verlegt aber nicht nur in seinen Filmen gern mal Görlitzer Warenhäuser in die fiktive Republik Zubrowka, er hat sich auch in den Sammlungen des Kunsthistorischen Museums ordentlich ausgetobt. Mehr als 400 von insgesamt über 4 Millionen Werken aus allen Sammlungen des Hauses haben die beiden ausgewählt, etwa die Hälfte davon wird erstmals der Öffentlichkeit gezeigt. Vielleicht auch zu Recht? Der eine oder andere Besucher kratzt sich angesichts des einen oder anderen Ausstellungsstücks jedenfalls fragend am Kopf. Besonders die eigenwilligen Porträts zu Beginn und Ende der Schau sind von wechselhafter Qualität.

Aber geht es nicht eben darum, den Blick zu öffnen für Neues, Anderes, wenig Beachtetes? Alte Sehweisen aufzubrechen? Gängige Ausstellungskonzepte zu hinterfragen? „Während Juman Malouf und ich nicht das Verdienst in Anspruch nehmen können, auch nur eines der in dieser Ausstellung gezeigten Werke ersonnen und geschaffen zu haben, hegen wir doch den bescheidenen Wunsch, dass die unkonventionelle Zusammenstellung und Anordnung der präsentierten Werke auf die Auseinandersetzung vieler künftiger Generationen mit Kunst und mit der Antike auf geringfügige, vielleicht sogar belanglose, aber auf jeden Fall feststellbare Weise Einfluss nehmen wird“, wird Wes Anderson im Booklet zur Ausstellung zitiert. 

Nachdem er einräumt, dass einer der Kuratoren, die dem Paar bei der Erstellung der Schau zur Seite standen, die „kuratorische Gültigkeit“ der Anderson’schen Zusammenstellung bezweifelt, setzt der Filmemacher noch eins drauf: „Sollte unser Experiment in dieser Hinsicht scheitern, sind wir nichtsdestotrotz zuversichtlich, dass es zumindest dem Zweck dienen wird, bestimmte Thesen auszuschließen und dadurch die Methoden der Kunstgeschichte durch ein wissenschaftliches Trial-and-Error-Verfahren voranzubringen.“ Das klingt ambitioniert, vielleicht auch ein bisschen überheblich.

Viele Besucher jedenfalls kriechen und strecken sich verwundert und mit kindlicher Freude durch diese Art Wunderkammer. Sie inspizieren den titelgebenden Sarkophag einer Spitzmaus, die Porträts von Haarmenschen, die Pläne für eine Schlittenfahrt im Inneren Burghof in Wien oder eine ziemlich große Vitrine aus der Erstausstattung der Sammlung Kunst und industrielle Gegenstände aus dem 19. Jahrhundert. Zwar ist sie längst nicht die einzige Vitrine in der Schau, doch diese hier ist leer und steht für sich allein.

Ein Raum wiederum ist mit rein grünen Objekten ausgestattet, ein anderer mit solchen aus Holz. Streitbare Kategorien, die wohl auch das Paar mitunter trennten. So etwas machen sie garantiert nie wieder, witzelte Wes Anderson bei der Eröffnung. Die Schau selbst nun kann man selbstgefällig nennen oder ihr vielleicht auch simple Sensationsgier vorwerfen. Vielleicht ist sie aber auch einfach das Ergebnis kindlicher Entdeckerfreude. Man kann es angesichts auf dem Boden krauchender Besucher auf jeden Fall glauben.

Nadine Faust

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