Westen

Drama, Deutschland 2013, 102 min

Nelly Senff (Jördis Triebel) ist eine von den Deutschen, die jahrelang auf die Ausreisegenehmigung aus der DDR gewartet haben. Nun ist es endlich so weit und Nelly packt ihre ganze Hoffnung auf eine bessere Zukunft und ihren Sohn Alexej (Tristan Göbel) und zieht in ein Aufnahmelager in Westberlin. Schnell stellt sie allerdings fest, dass die Angst vor Spitzeln im Westen die gleichen Prozedere, die im Osten gang und gäbe waren, hervorruft. Die Verhöre mit dem alliierten Geheimdienst strapazieren zusätzlich die Nerven in der Übergangszeit, aber die promovierte Chemikerin stellt beeindruckend unter Beweis, wie stark und entschlossen sie ist, sich nicht mehr ihre Freiheit rauben zu lassen. Trotz Stolz und Würde, die Nelly überzeugt verteidigt, fällt die junge Frau in eine Art Zwischenwelt, in der nichts sicher ist, in der man zwischen altem und neuem Leben ständig abwägt und irgendwie eher dazwischen stecken bleibt.
Diese Erfahrung machten die Meisten der rund 4 Millionen, die bis 1990 hoffnungsvoll die DDR verlassen haben und im goldenen Westen dann kaum etwas von dem Glanz zu sehen bekamen. An ein Zurück war nicht zu denken, und so schwebte man in einer Zeit absoluter Unsicherheit in der provisorischen Sphäre des Transits, aus der man nur entkommen konnte, indem man lernte wieder Vertrauen zu fassen und seine Vergangenheit nicht abzuschütteln, sondern mitzunehmen. Nelly will da auch hängen bleiben und kämpft unermüdlich für ihr neues Leben in der Freiheit.
Diese ersten Gehversuche begleitet Regisseur Christian Schwochow (»Novemberkind«, »Der Turm«) in sehr zurückhaltender und äußerst realer Manier und schafft ein weiteres Werk über den persönlichen Kampf in einer politisierten Welt. Basierend auf dem Roman »Lagerfeuer« von Julia Franck verarbeitet Schwochow seine eigenen Erfahrungen und präsentiert uns einen fesselnden Film über die zeitlose Sehnsucht nach Freiheit, der in manchen Tönen erschreckend an das Schicksal heutiger Flüchtlinge erinnern lässt.
Theresa