Philomena

Komödie/Drama, Großbritannien 2013, 98 min

„Teuflische Nonnen“ - damit hofft eine Verlegerin auf gute Zahlen. Bringen soll die der Ex-Journalist Martin Sixsmith (Steve Coogan), aber der macht eigentlich keine „Human-Interest“-Geschichten. Es geht nämlich um die Geschichte von Philomena (Judi Dench - „M“ in diversen »James-Bond«-Filmen, »Stolz und Vorurteil«, »Shakespeare in Love«). Sie hat als junges Mädchen ein uneheliches Kind bekommen, das zu Nonnen gegeben wurde. Sie selbst musste in dem irischen Kloster hart arbeiten. 50 Jahre lang suchte sie ihren Sohn, nun soll Martin helfen. Tatsächlich werden die beiden fündig - in den USA, wohin viele der Kinder damals verkauft wurden.
Ein abgebrühter Journalist und eine ältere Dame, die Kitschromane liebt. Eine typische Konstellation für einen Film: Die zwei passen auf den ersten Blick nicht wirklich gut zusammen, Konflikte sind absehbar - eine spätere Annäherung allerdings ebenso. Der britische Regisseur Stephen Frears (»High Fidelity«, »Die Queen«) hütet sich, dies für eine sentimentale Geschichte auszunutzen. Auch wenn beim Zuschauen starke Emotionen geweckt werden - von Mitgefühl, Trauer und Freude bis zu höchster Erschütterung über die erwähnten „teuflischen Nonnen“ - liegen die Leistungen der beiden Schauspieler darin, dezent und feinfühlig ihren Figuren genau die richtigen Nuancen zu geben. Witzig ist es, wenn der leicht eingebildete, atheistische Martin und die streng gläubige Philomena gemeinsam reisen und für die Abendgestaltung zwischen Lincoln-Memorial und „Big Mamas Haus“ im Hotel-TV entscheiden müssen. Martin ist anfangs der gesamten Geschichte gegenüber skeptisch, wird jedoch durch das abweisende Verhalten der Nonnen beim ersten Besuch im Kloster neugierig. Tatsächlich ist seine journalistische Kompetenz gefragt, da die Ordensschwestern jede Menge verbergen. Für Philomena stellen sie immer noch eine Autorität dar, die diese kaum anzuzweifeln in der Lage ist.
Der große Gewinn dieses wunderbaren Films liegt neben der fabelhaften Leistung der Schauspieler auch in der Aufarbeitung menschenverachtenden Vorgehens in irischen Klöstern (der Film basiert auf einer realen Geschichte). Einen kleinen Einblick in die Gedankenwelt des Glaubens inclusive Verzeihen und auch in den Medienzirkus gewährt der Film außerdem noch. Und dass die beiden Protagonisten aus unterschiedlichen Klassen stammen und sehr unterschiedlich gebildet sind, sorgt schließlich für überraschende Situationskomik - bei aller Tragik und Ernsthaftigkeit der Geschichte.
Petra Wille