We Need to Talk About Kevin

Drama/Thriller, Großbritannien 2011, 110 min

Kinder können grausam sein. Eine Allerweltsweisheit? Vielleicht eine Erwachsenen-Projektion, oder gibt es doch so etwas wie Das Böse Kind? Als Eva ihren 18-jährigen Sohn Kevin, einen mehrfachen Mörder, im Gefängnis besucht, wünschte sie, solch eine einfache Erklärung zurate ziehen zu können. Statt dessen kehren immer neue Flashbacks ihrer mütterlichen Erinnerungen wieder und vermitteln das Bild einer komplett gescheiterten familiären Beziehung. Mutter und Kind müssen nicht zwangsläufig gut zusammenpassen, und im Falle von Eva und Kevin erhärtet jede neue Szene diese Sorge. Doch nicht jeder ungeliebte Sohn, der im Verdacht steht, die Haustiere getötet und seiner Schwester ein Auge genommen zu haben, wird auch gleich zum Massenmörder. Beängstigend und unwiderstehlich verstecken Ezra Miller und Tilda Swinton dieses emotionale Tauziehen in winzigen Gesten. Immerfort im Kreis fließt böses Blut, als müsse die Nabelschnur erst noch durchtrennt werden. Gelegentlich lässt die Kamera überdies beide wieder zu einer Mutter-Sohn-Person verschmelzen und es braucht eine ganze Weile, um das fragile Kräftegleichgewicht aus unerwiderter Liebe, kindlichem Zorn und elterlicher Verbohrtheit als solches zu erkennen; ergründen wird man es wohl nie. Kevin lernt die Gutgläubigkeit seines Vaters auszunutzen, noch viel mehr nach der Trennung der Eltern, und lässt Eva immer wieder im grellen Licht der Schuld dastehen, welches bald auch unangenehme Schatten wirft auf ihren Job und die Nachbarschaft. Schließlich folgt Kevins ultimativ letzter Aufschrei, welcher ihm den endgültigen Sieg über seine Mutter einbringen soll.
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