Die Unsichtbare

Drama, Deutschland 2011, 113 min

Nach seinem Erfolgsfilm »Novemberkind« legt Christian Schwochow mit »Die Unsichtbare« einen überzeugenden Nachfolger vor. Das Drama beschreibt die emotionale Achterbahnfahrt einer jungen Schauspielerin, die von einem egozentrischen Regisseur zur kompletten Entblößung ihres Innersten gedrängt wird. Ein stark gespielter, vor allem in seiner Darstellung der Theaterarbeit überzeugender Film.
„Du bist unsichtbar!“ wird der jungen Schauspielschülerin Josephine, genannt Fine, gesagt, nachdem sie bei einem wichtigen Vorspiel auf der Bühne eingeschlafen ist. Doch gerade dieses Malheur, dieses Andersartige, fasziniert den ebenso berühmten wie egozentrischen Regisseur Kaspar Friedmann. Am Schauspielhaus der Stadt will er mit Schauspielstudenten ein Stück inszenieren. „Camille“ heißt dieses fiktive Drama, das mit seiner latent selbstzerstörerischen Hauptfigur, die sich in wahllose sexuelle Abenteuer stürzt, ein wenig an Wedekinds »Lulu« erinnert. Die introvertierte, fast mäuschenhafte Fine bekommt zur Überraschung aller die Hauptrolle der Camille anvertraut - und sieht sich schnell mit ihren Grenzen konfrontiert. Immer mehr fordert Friedmann von ihr, immer tiefer will er in ihre Seele blicken, ihre tiefsten Verletzungen anbohren, um sie für die Rolle zu benutzen.
Die Verschmelzung von Bühne und Realität, von Rolle und wahrer Identität ist ein beliebtes Sujet, das zuletzt etwa Darren Aronofsky in »Black Swan« auf so überzeugende Weise umgesetzt hat. So ist es kaum zu vermeiden, dass in »Die Unsichtbare« oft Motive, Figuren, Situationen zu erkennen sind, die man so oder so ähnlich schon oft gesehen hat. Im Gegensatz zu Aronofsky, der seine Erzählung zu überdrehtem Camp steigerte, bemüht sich Schwochow - der das Drehbuch zusammen mit seiner theatererfahrenen Mutter Heide schrieb - um Realismus. Besonders die Schilderung der Arbeit am Theater, die mühsamen Proben, die Versuche, sich dem Wesen der Rolle mit allen Mitteln zu nähern, zählen dadurch zu den stärksten Momenten des Films. Nicht zuletzt dank der exzellenten Darstellung Ulrich Noethens als Regisseur. Dessen Beziehung zu Fine, seine Versuche die etwas unbedarfte, fast naive junge Frau für seine Kunst, seine Vision bis an die Grenzen ihrer psychischen und physischen Fähigkeiten zu bringen, bilden das Zentrum des Films.
»Die Unsichtbare« ist erneut ein starker Film von Christian Schwochow, der es versteht, seine Geschichten in prägnanten Bildern zu erzählen, die sich nie in den Vordergrund spielen. Der gehört auch hier ganz den Schauspielern - und das ist es letztlich, was »Die Unsichtbare« auszeichnet.