Drei Patienten

Drama, Deutschland 2010, 70 min

Unser Film soll nicht der Aufguss einer beliebigen Arztserie sein. Auch keine Abhandlung über
Sterbehilfe. Oder über soziale Probleme. Oder gar den Kapitalismus. Nichts von alledem.
»Drei Patienten« handelt von einer ganz einfach zu stellenden und gleichzeitig schier unmöglich zu beantwortenden Frage: Wie soll ich mich verhalten ? Tagtäglich bewegen wir uns in einer Welt, die wir nicht verstehen und die uns immer komplizierter erscheint. Ein Schmetterling in Japan verursacht Stürme in der Karibik. Eine günstige Kaufentscheidung hier zwingt einen Arbeiter in Bangladesh in die Armut. Biosprit im Tank mag gut sein für die Atmosphäre, doch tausende Kilometer entfernt werden für dessen Anbau Regenwälder gerodet. Unendliche Möglichkeiten. Unendliches Chaos. Unendliche Verwirrung. Der Notarzt Matthias Kurowski hat dafür eine Lösung gefunden und eine Entscheidung getroffen: Er trifft nämlich keine Entscheidungen mehr. Tag für Tag funktioniert er scheinbar stoisch und gelassen in der Hektik des Medizinbetriebs, ohne innere Beteiligung, ohne Engagement und ohne Fragen. Mit Patienten, die er gerettet hat, spricht er nicht, denn er will nicht wissen, was aus seinen Handlungen wird: War es gut, dem Krebspatienten noch einen Monat zu schenken oder nicht ? Das hat er ins Außerhalb seiner Wahrnehmung verdrängt. Handeln und Behandeln folgen bei ihm ausnahmslos den vorgeschriebenen Wegen des Gesetzes, denn er will nicht verantwortlich sein, für nichts: Sollte man den alten, kranken Mann noch wieder beleben oder nicht ? Die Frage braucht sich Dr. Kurowski nicht mehr zu stellen, denn er hat seinen Handlungsspielraum abgetreten, indem er nicht darüber nachdenkt. Der Komplexität der Realität begegnet er, indem er sich ihr verweigert. So kann er überleben, so kann ihm alles fern bleiben, so bewältigt er sein Leben - doch so wird er zugleich zum Unmenschen. In “Drei Patienten” steht die Hauptfigur Dr. Kurowski stellvertretend für viele von uns, die wir uns lieber aus allem heraushalten, abwarten, zögern und zaudern, Entscheidungen lieber delegieren - vielleicht, weil uns die Welt zu groß und zu verwirrend scheint, weil wir keine eigenen Antworten haben auf die Fragen, die uns das Leben täglich stellt. In unserer Geschichte ist es die unmittelbare Begegnung von Menschen, die ausschlaggebend ist für Veränderungen: Einige Individuen treffen sich scheinbar zufällig, sie erfahren etwas übereinander, sie fällen Entscheidungen für sich und ihr jeweiliges Gegenüber und sie helfen einander - ohne dass einer von ihnen die ganze Welt verstehen muss. Dr. Kurowski kann am Ende nur einen der drei Patienten retten. Ob das, was er für die anderen beiden getan hat, richtig war, weiß er nicht. Und vielleicht muss er das auch nicht, solange er dennoch das tut, was ihm möglich ist - trotz des Risikos, damit einen Fehler zu machen. “Drei Patienten” stellt die Beschwernisse der Postmoderne in einen dramatischen Rahmen, verdichtet sie auf einprägsame Charaktere und mündet in eine vielleicht unvollständige, aber zumindest konkrete Haltung: Je größer die Welt wird, desto wichtiger wird der Einzelne.