Wir sind was wir sind

Horror/Drama, Mexiko 2010, 90 min

Keine Angst, hier handelt es sich nicht schon wieder um irgendeinen pseudoskandalösen Titel der Gruppe Rammstein oder gar einen Wendefilm, der vielleicht die Ereignisse am größten Sackbahnhof Europas illustriert, sondern um das fast vergessen geglaubte Genre des Kannibalenfilms. Wer allerdings auf puren Splatter wie seiner Zeit in »Cannibal Holocaust« oder »Eaten Alive« spekuliert, ist hier fehl am Platze. Hier wird uns ein vergleichsweise ruhiger Film präsentiert, der in erster Linie nicht auf das bloße Grauen, den simplen Schock abzielt, sondern sich vielmehr dieser Elemente bedient, um eine interessante und merkwürdige Geschichte zu erzählen. Als in einem mexikanischen Einkaufstempel ein Mann tot zusammenbricht, ist das weder im Film noch für die anderen Menschen der Shoppingmeile oder gar den örtlichen Behörden ein großes Ding. So etwas passiert halt und in Mexiko-City sowieso. Ein paar Kilometer weiter sitzt eine verbiesterte Mutter mit ihren drei jugendlichen Kindern zu Hause und wartet auf das Oberhaupt der Familie. Doch das ist gerade in der Centro Comercial verstorben. Aber noch größer als das Problem des Ablebens des Vaters ist der Umstand, dass dieser allein für die Beschaffung und Zubereitung von Fleisch für die Familie zuständig war. Nicht etwa Rindfleisch, nein die Familie ernährt sich anthropophag! Was soviel bedeutet, dass sie sich von Menschenfleisch ernährt. Nun nicht gleich jeden Tag, aber ab und an kommt schon mal ein zarter Zeitgenosse aufs Raclette. Aus irgendwelchen Gründen oblag die Besorgung sowie das feste Ritual der Zubereitung immer dem Verblichenen. Nur keiner weiß wie beides anzustellen ist. Bald macht Sabina (Paulina Gaitan) Druck auf ihre Brüder Alfredo (Francisco Barreiro) und Julián (Alan Chávez), sich auf die Jagd zu begeben. Nach langem zähen Ringen schaffen es die beiden Jungs eine Prostituierte zum Abendmahl zu fangen, das aber wiederum kommt der Mutter erst gar nicht in die Suppe, und sie lehnt es ab eine Dame des Gewerbes zu verzehren. Inzwischen entdeckt man bei der Obduktion des Vaters, dass da nicht alles mit rechten Dingen zuging. Schnell werden nun die Jäger zu Gejagten. Intelligent gearbeiteter Kinoerstling des Mexikaners Jorge Michel Grau, der wahrscheinlich eher ein abgehangeneres und reiferes Publikum ansprechen wird als den gemeinen Splatterfreund. Na dann Mahlzeit und Boris gib Obicht!
Ray van Zeschau (Karnivor ernährend)