TRAILER

Almanya - Willkommen in Deutschland

Komödie, Deutschland 2010, 101 min

Kinder mit Migrationshintergrund haben es schwer: Das muss der kleine Cenk feststellen, als er in der Schulmannschaft weder in die „deutsche“ noch in die „türkische“ Mannschaft gewählt wird. Und die Heimat seiner Eltern bedauerlicher Weise nicht auf der Landkarte ist, auf der die Lehrerin kleine Fähnchen setzt („zu weit im Osten“). Türkisch kann er auch nicht, was ihn stört, als die ganze Familie auf Opas Initiative hin in die Türkei reist. Opa kam 1964 nach Deutschland und holte später die Familie nach. Der Film erzählt in Rückblenden vom Leben in der Türkei und der Ankunft im vorurteilsbeladenen Land: Ungläubig und schmutzig seien die Deutschen und es sei furchtbar kalt, wissen die Freunde und Nachbarn.
Ja, wie war es denn tatsächlich, das Ankommen hier? Die Schwestern Samdereli sind zwar beide in Deutschland geboren und viel zu jung, um dabei gewesen zu sein, aber sie hatten eine typische Multikulti-Kindheit und lassen uns Zuschauer an diesem Kosmos teilhaben. Beide haben Erfahrung mit Regie und Drehbuch (u.a. bei »Türkisch für Anfänger«) und haben ihr großes Figurenensemble (drei Generationen in verschiedenen Altersstufen) weitgehend im Griff. Die komödiantischen Passagen haben gutes Timing und viele Ideen und kleine Details lassen das Zuschauen zum Vergnügen werden. Auch für das Problem der verschiedenen Sprachen im Film haben sie sich etwas einfallen lassen. Zugegeben keine neue Idee, aber sie heben sich damit wohltuend von grauslichen Synchronfassungen ab, in denen die Menschen unterschiedlichster Herkunft wie selbstverständlich miteinander deutsch sprechen.
Aber man kann nicht alles loben. Am Ende wollen sie einfach zu viel: Drama, Verlust, Versöhnung, Verständnis und auch noch eine rührende Rede vor Millionenpublikum, das hätte nicht sein müssen. Da wird unnötigerweise auf die Tränendrüse gedrückt, wo man zuvor doch herzlich über die traditionslose Weihnachtsfeier, eine muhende Mutter im Kaufmannsladen und das Entsetzen über den nackten Mann am Kreuz gelacht hatte. Denn der zitierte Max Frisch-Satz braucht kein Pathos: „Wir riefen Arbeitskräfte, es kamen Menschen.“
Petra Wille
Petra Wille