Deutschland privat 2 - Im Land der bunten Träume

Dokumentation, Deutschland 2004, 84 min

Im Zeitalter von youtube oder dailymotion klingt die Idee von einer Fortsetzung der deutschen Super 8 Privatfilm Veröffentlichungen (Robert von Ackeren brachte 1980 erstmals eine solche Rolle in die Kinos) zunächst etwas verwegen bis anachronistisch. Doch wer selbst einmal irgendwo zwischen altem Krempel und Mutters Sammeltassen ein paar Filmrollen gefunden und dann noch -zumeist recht abenteuerlich- zur Aufführung gebracht hat, kann sicherlich den Reiz nachempfinden, der mit jeder neuen Spule ab- und zunimmt. Je nachdem, ob der kameraführende Vater oder Onkel eher ein Träumer oder ein Spaßvogel war. Nun hat von Ackeren nach siebenundzwanzig Jahren die Zeit für reif befunden, erneut eine bunte Mischung aus seinem Vorrat an fremd-elterlichen, mitunter sogar großelterlichen Trashes zusammenzuschneiden. Da geht der Papa fröhlich mit Schädlingsbekämpfungsmitteln über’n Friedhof, aber keine Bange, die Särge wichen bereits einer Autobahn-Neuplanung. Der Bub zeigt sein filmisches Coming Out vom Barbie-Puppen-Stop-Motion-Striptease bis zur Schwulenparty in den Londoner Clubs. Niemand kann sich vorstellen, der nicht dabei war, wie viele Federn man beim Haut-den-Lukas-Spiel auf süddeutschen Volksfesten lassen muss. Wenn der Lukas ein Hahn ist. Geschmack ist für den Privatmann eben Privatsache. Und der Sonntag ist heilig. Auch im Nudistencamp. Vormittags grillt der Papa in Feinripp, nachmittags schaut die Familie bei Kaffee und Kuchen Splatterfilme. Egal, ob selbstgemachte Zigarettenwerbung vom Marlboro-Hol-dir-den-Geschmack-Mann oder die private Aufklärungsrolle mit einer zeigewilligen („willst du Schwangerschaft verhüten, nimm Melitta-Filtertüten“) und geborgten Freundin, es ist die pure Lebensfreude und Harmonie, welche einem von der Leinwand entgegenschwappt. Um die eingangs zitierten virtuellen Sammelbecken heutiger Videokünstler noch einmal herbeizuzitieren, dort muss man mit der Maus die Rosinen auch mühevoll erpicken und ist ansonsten dazu verdammt, seine Lebenszeit zuzubringen, ein unentwegtes *icken wegzuklicken. So braucht es den geneigten Staubwischer auch nicht zu wundern, dass selbst für den betagten (61) Robert von Ackeren gut die Hälfte seines Filmes aus selbstgedrehten Wohnstuben-Pornos besteht. Sex vor riesiger Blumentapete im Eigenheim der Lüste. Oma treibts mit Opa, der Onkel mit seinem Frauchen. Alle machen es. Auch Hunde oder MP’s… Ja, wie sagte der Friedhofs-Zerstäuber anfangs: Egal, ob ernst, ob heiter, das Leben geht weiter. Deutschland gefühlsecht.

Regie: Robert van Ackeren

Bundesstart: 21.06.2007

Start in Dresden: 21.06.2007

FSK: ab 18 Jahren