Flags of Our Fathers

Drama/Kriegsfilm, USA 2006, 131 min

Wer kennt es nicht, das wohl berühmteste und das mit dem Pulitzerpreis prämierte amerikanische Photo des zweiten Weltkrieges von Joe Rosenthal. Fünf US-Marines und ein Navy-Soldat stellen mit vereinten Kräften die Fahne der Vereinigten Staaten auf den Mount Suribachi auf der japanischen Insel Iwo Jima. Einer der Männer war John Bradley, dessen Sohn James später die Geschichte seines Vaters in dem Buch »Flags Of Our Fathers« rekonstruieren wird. Auf diesem Buch basierend erzählt Oscarpreisträger und Regisseur Clint Eastwood die Geschichte über die Erstürmung von Iwo Jima und die Geschichte der Männer, die mit diesem Bild Geschichte schrieben. Dass das Foto eigentlich gestellt war und die Aktion nach der tatsächlichen Errichtung der US-Fahne für das berühmte Bild wiederholt wurde, lässt uns als informiertem Europäer nicht unbedingt die Kinnlade nach unten klappen, und doch ist es schon erstaunlich, wie hier und wahrscheinlich zum ersten Mal in der modernen Mediengeschichte ein Foto benutzt wurde, um mit Hilfe einer riesigen Motivationskampagne das Volk auf Durchhalten zu euphorisieren. Siebzehneinhalb Stunden nach der Aufnahme des Bildes erscheint das Foto in den amerikanischen Tageszeitungen. Diese Aufnahme hatte eine Magie, welche den Daheimgebliebenen, den Müttern und Vätern, den Kindern und Ehefrauen die Hoffnung wieder gab, ihre Lieben bald in die Arme schließen zu können. 7000 Amerikaner, darunter drei der Soldaten auf dem Foto, sahen ihre Heimat und ihre Angehörigen allerdings nie wieder. Diese Magie machte sich die Militärführung eben auch zunutze, um mit weiteren 14 Milliarden Dollar den Rest des Krieges finanziert zu bekommen. Zu diesem Zwecke kommandierte man die überlebenden drei Soldaten des Bildes nach Hause, um in einer groß aufgebauschten Heldenshow die Massen zu begeistern und die erlahmte Kriegsbegeisterung wieder in Schwung zu bekommen. Das Herumreisen und die Fotosessions lassen die drei für ein paar Augenblicke das Erlebte vergessen. Doch immer wieder holen sie die Bilder des Grauens ein und die große Bürde, die sie als inszenierte Helden zu tragen haben. Drei Männer, die nun im Kampf mit sich selbst zu scheitern drohen. Und wieder greinen die ersten Misstöne deutscher Presseintellektueller durch den Blätterwald, wenn nur ein Funken amerikanisches Pathos über die Leinwand zu marschieren droht. Aber erstens ist Clint Eastwood nicht der Mann, der diese offensichtlich amerikanische Tugend überstrapaziert, und zweitens denken die meisten Sesselflatolierer nicht im geringsten daran, dass, wie der deutsche Beamte sich ausdrücken würde, die robuste und sozusagen aktive Teilnahme an einem Krieg nicht mit menschlicher Vernunft auszuhalten ist, sondern eben halt nur durch und mit Pathos. Was wäre Coppolas Hubschrauberangriff in »Apocalypse Now« ohne Wagners „Ritt der Walküren“? Nichts. Ein sinnloses Geballere und die Vergeudung von Treibstoff.
Können wir also nach diesem Film weiter gespannt sein, wenn 2007 Clint Eastwood den zweiten Teil des Filmes um die Eroberung Iwo Jimas aus nun japanischer Sicht erzählt.
Ray van Zeschau