Barry Lyndon

Historienfilm/Drama, Großbritannien 1973-75, 184 min

Als Stanley Kubrick für seine Regie bei »Spartacus« viel Geld verdiente, sich aber vom Produzenten und Hauptdarsteller Kirk Douglas ständig ins Handwerk pfuschen lassen musste, beschloss er, ab sofort nur noch Filme zu drehen, bei denen er die volle künstlerische Freiheit besaß. Bei allen folgenden Filmen war er Produzent, Drehbuchautor, Regisseur und scharfer Kontrolleur der Kameramänner. Doch sein Einfluss ging noch weiter. Er legte Verleihbedingungen fest, steuerte die Medienarbeit und bestimmte und kontrollierte sogar die Erstaufführungstheater. Daraus ergaben sich recht undurchsichtige Möglichkeiten, Kubrick-Filme ins Kino zu bekommen. Meine Anfragen nach »Barry Lyndon« wurden in den 90er Jahren abschlägig beschieden, obwohl der Film bereits auf Video erschienen war. Doch Video ist für diesen Film einfach nicht genug.
Vor wenigen Wochen hat Warner eine feine digitale Kinofassung angeboten. Muss man zwar extra in London bestellen und darf nur einmalig aufgeführt werden. Aber endlich »Barry Lyndon« im Kino! (Anmerkung der Redaktion, Stand März 2018)
Der Film ist in jeder Hinsicht ein Gedicht. Wer die Malerei der Romantiker mag, wird einen Bilderrausch erleben. Händel, Bach, Vivaldi, Mozart und Schubert liefern den musikalischen Rahmen und ihre Musik erscheint mit den Bildern auf jeden Fall schöner als auf jeder CD. Und die Sprache des Films ist ohnehin erhaben über mindestens 99% der Dialoge heutiger Filme.
Nun könnte man ja Sorge haben, in ein abgehobenes Kunstwerk zu geraten, durch das man sich quält wie durch eine Wagner-Oper oder eine Castorf-Inszenierung. Völlig unbegründet. Der Film erzählt die Geschichte des Iren Barry Lyndon (Ryan O’Neal) locker, lustig, spannend und nur so dramatisch, wie das Leben gelegentlich ist.
Die Story spielt im 18. Jahrhundert und ist der Aufstieg und der Fall eines Möchtegern-Adligen. Wegen eines verbotenen Duells muss er Irland verlassen, dient in verschiedenen Armeen und bildet sich ein, nach Rückkehr in seine Heimat den Adelstitel erkaufen zu können. Weit gefehlt…
Im Film wird die Geschichte in drei Stunden erzählt - das ist lang, aber es lohnt sich und wer nicht kommt, ist selber schuld.
Frank Apel