Das Prinzip Montessori - Die Lust am Selber-Lernen

Es ist wie ein Wunder. Und doch ist es die normalste Sache der Welt. Reduziert man die gewaltigen erzieherischen Eingriffe Erwachsener und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Heranwachsenden, wird man Zeuge einer ungeheuren, natürlichen Kraft; der Lust am Selber-Lernen. Diesem Wunder darf der junge Vater und Filmemacher Alexandre Mourot am Montessori-Kinderhaus in Roubaix ein Jahr lang ganz ungestört zuschauen. Als Mourot sein eigenes Kind in seiner täglichen Entwicklung filmen wollte, entschied er sich eher aus dramaturgischen Gründen, bei seiner Kamera zu bleiben und als Vater/Erzieher zurückhaltend zu sein. Er wurde überrascht von der intelligenten Kraft dieses kleinen Menschen. Vor über einhundert Jahren machte Maria Montessori dieselbe Erfahrung. „Kinder haben eine natürliche, ungerichtete Neigung zur Arbeit; sie wollen lernen.“ Sie begründete ein Erziehungskonzept, in welchem der Erwachsene beim Lesen, Brot backen, Rechnen lernen, beim Träumen oder Spielen eine gewisse zurückhaltende Hilfestellung leistet… Alexandre Mourot wird Zeuge, wie kleine Menschen aus sich heraus ein nahezu perfektes soziales Gefüge bilden, in dem sie ungestört die Welt entdecken und sich nicht schämen, wenn andere Kinder etwas anderes können. Sie entwickeln ein Gespür, dass sie sich das später aneignen werden. Wenn sie mit dem fertig sind, was sie gerade tun. Oder eben, wenn Sie größer sind.
Hierzulande klagen aktuelle Studien, dass Kinder immer schlechtere Lernergebnisse erzielen. Womöglich haben sie das Wichtigste nie gelernt; die Lust am Selber-Lernen. Wie ist das möglich? Wo doch die Lernstrategin Vera Birkenbihl in endlosen Vorlesungen erklärte, warum das ungeheure Potential eines jungen Menschen schon nach kurzer Zeit stark dezimiert würde; die Erziehung käme dazwischen. Oder besser; die Erzieher. Wo Professoren nicht müde werden, die Zeitkompression während der Schulzeit zu kritisieren wie Gehirnforscher den Frontalunterricht.
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