Janis: Little Girl Blue

Dokumentation/Porträt, USA 2015, 103 min

In grauer Vorzeit, als es noch kein Internet, geschweige denn youtube gab, durchlitt der Schreiber dieser Zeilen einen wunderbaren Moment der Auferstehung im Kino. Die Janis Joplin Doku von 1974 gab der hoch geschätzten Sängerin einen tanzenden Körper, ein spitzbübisches Lachen und eine unbändige Lebenskraft. Ihre sagenhafte Stimme war nicht länger bloß ein akustisches Phänomen. Janis lebte auf der Leinwand so eindringlich, dass sich die Tatsache ihres Todes wie Blei in den Kinosessel ergoss. Janis war tot. Sie starb an diesem Tag im Kino, als der Abspann lief. Kosmisch gesehen, verweilte Janis Joplin recht kurz auf unserem Planeten, hatte aber, so der herrschende Eindruck, recht viel Spaß dabei. Maybe. Get it while you can, or, Try a little bit harder. Um weiter in Songs von ihr zu sprechen; es gab auch oft diese Kleine-Mädchen-Traurigkeit, The little girl blue. Und wenn Amy Berg, die Regisseurin dieser neuen Janis-Doku, den jüngeren Geschwistern Laura und Michael Joplin begegnet, kommen Hintergründe aus Kindheit und Jugend in Port Arthur/Texas zur Sprache. An ihrer Schule wählte man Janis offiziell zur Un-Person. Die Trostlosigkeit dieses Ortes und die Dumpfheit der sechziger Jahre trieben Janis fort und bilden einen erklärlichen Kontrast zu ihrer schillernden Karriere. Es war, als wechselte sie den Planeten. Aus unzähligen Briefen, hier vorgetragen von Cat Power, spricht diese tiefe Zerrissenheit. Ihre Stimme fasst die vielen Ereignisse, knüpft den Film-Faden und lockt den Zuschauer, erneut an Auferstehung zu glauben. Aber Janis ersteht auch auf, weil es Amy Berg und ihrem Team dank sozialer Netzwerke und der Mithilfe von Janis' Familie gelang, eine schiere Lawine von Archivmaterial auszulösen. Wer brach ihr Herz? Mit wem soff sie sich durch die Nacht? Wie sehr sehnte sie sich nach elterlicher Anerkennung? Wen liebte sie wirklich? Wer bekam noch nach ihrem Tod ein Telegramm von Janis? Irgendwie hatte ständig jemand eine Kamera dabei. Nicht nur Musik-Biograph D.A. Pennebaker oder Willem Poolman, der 40 Jahre lang die Festival-Train-Filmrollen in seiner Garage lagerte. Es geht Schlag auf Schlag. Und plötzlich spricht Janis in die Kamera: Ich bin jetzt 27 Jahre alt.
Alpa Kino

Buch: Amy Berg

Regie: Amy Berg

Produktion: Disarming Films, Jigsaw Productions, Amy Berg, Alex Gibney, Jeff Jampol, Katherine LeBlond

Bundesstart: 14.01.2016

Start in Dresden: 14.01.2016

FSK: o.A.