Buddha’s Little Finger

Drama/Thriller, Deutschland/Kanada/Russland 2015, 84 min

Der Schlüssel zur Zukunft liegt in der Vergangenheit, heißt es so schön. Das gilt im Besonderen auch für die aktuellen Entwicklungen im Osten. Der Zusammenbruch des Sowjetimperiums war eine der größeren Verwerfungen in der Geschichte, deren Bruchstellen sich erst mit der Zeit offenbaren.
Ende der 90er Jahre sorgte Viktor Pelevin mit seinem anarchischen Roman »Buddhas kleiner Finger« auch im Westen für Aufsehen. Heute gilt er als einer der wichtigsten und meist gelesenen noch lebenden Erzähler Russlands.
Die verrückt-zerstörerischen Umwälzungen im Imperium wirken noch im Nachhinein absurd. Für die beteiligten Menschen waren es Jahre der völligen Umdrehung bestehender Werte und massiver Verarmung. Dafür schien es keine Worte zu geben. Pelevin aber gelang das Kunststück und vermischte die zerstörerischen Wurzeln des Übels mit der Katastrophe der Gegenwart in einer sehr angemessenen und zeitgemäßen Form.
Die Geschichte von Pjotr Pustota - im Russischen heißt das auch Leere -, Bohemien aus St. Petersburg klingt verrückt. 1919 verschlägt es ihn auf der Flucht vor der Tscheka nach Moskau. Dort tappt er beinah in eine Geheimdienst-Falle, erwürgt aber den Spitzel und findet sich plötzlich nicht nur in einer Irrenanstalt wieder, sondern auch im Moskau von 1991. Dort attestiert ihm Professor Kanaschnikow eine lupenreine Pseudopersönlichkeitsspaltung: „Da kollidieren äußerlich völlig verschiedene Bewusstseinsinhalte miteinander; mexikanische Seifenoper, Hollywood-Thriller und die ungefestigte russische Demokratie“. Von dort kehrt Petka im Roman wieder nach 1919 zurück und wird von Tschapajew zum Politkommissar ernannt…
Die zum literarischen Prinzip erhobene Kollision von Zeiten und Dingen bietet wunderbare Voraussetzungen für eine entsprechende filmische Umsetzung. Der Film entstand als internationale Koproduktion durch die Leipziger Rohfilm und wurde komplett in englisch gedreht. Inwieweit das abgefahrene Sujet entsprechend umgesetzt werden kann, darf jeder selbst entscheiden. Die Akteure, u. a. Toby Kebbell als Pjotr, André Hennicke als Tschapajew und Stipe Erceg sprechen für sich, die Entstehung 2013 und der späte Kinostart allerdings auch.
ak