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Der Mann aus dem Eis

Drama, Deutschland/Italien/Österreich 2017, 96 min

Wir remembern uns. Am 19. September 1991 fanden die Bergwanderer Erika und Helmut Simon aus Nürnberg auf 3.197 Metern Höhe, unterhalb des Tisenjochs in den Ötztaler Alpen eine männlich ledrige Leiche. Nachdem man die zuständigen Organe in Kenntnis gesetzt hatte, begann noch einmal die letzte Tortur für Ötzi. Da man sich ob der Bedeutung des Fundes nicht im Klaren war, ließ man bei der Bergung des Toten noch etwas betonte Nachlässigkeit walten. Zunächst beschädigte der herbeigeeilte Polizist bei der Befreiung aus dem Eis Ötzis Hüfte mit Pickel und Presslufthammer. Kurze Zeit später verpackten weitere Polizisten die leblose Hülle des teuren Toten in einen Plastesack. Weil der von Ötzi mitgeführte Bogen zu groß war, zerbrach man diesen großzügig, damit er auch noch in besagtem Sack Platz finden konnte. Schlussendlich brach der herbeigeeilte Bestatter aus Vent Ötzi noch den Arm, damit dieser in den Sarg passte, um in die Gerichtsmedizin nach Innsbruck gebracht werden zu können.
Rund 5000 Jahre nach dem Ableben des guten Mannes beschloss nun Regisseur Felix Randau die letzten Tage des Mannes aus dem Eis frei nachzugestalten, denn wie der informierte Bürger weiß, Genaueres weiß man nicht, bis auf die belegte Tötung durch Fremdverschulden. Ansonsten befinden wir uns in der Jungsteinzeit, eine große Familie lebt, ja logisch, in den Ötztaler Alpen und Ötzi heißt jetzt Kelab, ist der Chef vonz Ganze und wird von Jürgen Vogel gespielt, was zunächst den Gedanken Richtung Familie Feuerstein lenkt, aber weit davon entfernt ist.
Als Kelab eines Tages von der Jagd zurückkehrt, wurde seine Siedlung überfallen, komplett zerstört, und einschließlich seines Sohnes und seiner Frau alle ermordet. Offensichtlich war das alleinige Ziel des Überfalls, den heiligen Schrein Tineka zu stehlen. Kelab schwört blutige Rache und blutig und gewalttätig wird es dann auch über alle Maßen. Kelab nimmt die Spur der Missetäter auf. Die Verfolgungsjagd führt ihn durch die schroffe Natur der Alpen, durch brachial sintflutartige Regen, harte Schneestürme und mutiert zur Odyssee seines unbändigen Rachegefühls, welches ihn schließlich bis hinauf zu den Gipfeln Südtirols treibt. Doch ein folgenschwerer Irrtum macht ihn selbst zum Gejagten, bis er vor den Mördern seiner Familie und vor allem vor sich selbst steht.
Ein existenzieller Rachethriller, bei dem man zuweilen den Eindruck hat, Regisseur Felix Randau will sich unbedingt mit Alejandro G. Iñárritus »The Revenant« messen, was ihm aber trotz überbordender Brutalität, Bild- und Naturgewalten nicht richtig gelingen soll, trotz des großartig agierenden Jürgen Vogel. Ich für meinen Teil hoffe auf den für mich interessanteren Teil II, der das wahre Schicksal der Finderfamilie Simon beleuchten sollte, dessen Leben sich durch den Fund Ötzis und jahrelangen Gerichtsprozessen um Geld und Anerkennung drastisch und nicht unbedingt zum Guten ändern sollte, bis hin zum schicksalhaften Unfall Helmut Simons, der am Ende selbst, wie einst Ötzi, 13 Jahre nach dem Fund in Alpen zu Tode kam.
Ray van Zeschau (geht mal zu Neuemanns ´n Eis holen)