#Zeitgeist - Von digitaler Nähe und analoger Entfremdung

Komödie/Drama, USA 2014, 120 min

Lässig, leicht und elegant ist Jason Reitmans Filmsprache. Nach »Juno« und »Up in the Air« beschäftigt sich der Kanadier in seinem neuen Film einmal mehr mit einem Phänomen der Gegenwart: der elektronischen Kommunikation und ihren Auswirkungen. Nach einem Roman von Chad Kultgen handelt er die Rituale der Smartphone- und Internetkultur am Schicksal von sieben Familien in einer Vorstadt von Austin, Texas ab. Mütter, Väter, Töchter, Söhne. Alle sehnen sich nach echtem Kontakt, nach Nähe und Intimität, oder wenigstens nach pornografischer Ablenkung, alle wirken sehr bemüht und hilflos und leben irgendwie aneinander vorbei. Die Jungs spielen „World of Warcraft“, die Mädchen versuchen, immer noch dünner und hübscher zu werden. Alle sind sie internetsüchtig, sie verheddern sich in den Fallstricken sozialer Medien, gelegentlich passiert eine Katastrophe. Das gehört dazu. Die Elterngeneration ist beeindruckend desillusioniert von allem und schaut vorsichtig nach, was das Internet zu bieten hat. Normgerechtes Abweichlerverhalten findet statt, wohin das Auge schweift. Jason Reitman zeigt die Möglichkeiten moderner Kommunikation als zwischenmenschliche Sackgasse. Positive Aspekte lässt er außen vor. Mit einem herausragenden Darstellerensemble (Adam Sandler, Jennifer Garner, Judy Greer, Kaitlyn Dever, Dean Norris, Dennis Haysbert, Rosemarie DeWitt) fächert er das große Thema von digitaler Nähe und analoger Entfremdung auf - und stellt die ewige Frage, warum Sexualität so hartnäckig mit Intimität verwechselt wird. Dass es nicht gut für Menschen ist, den ganzen Tag aufs Display zu starren, wussten wir schon, aber Reitman setzt diesen Umstand stilistisch lupenrein und atemberaubend konsequent in Szene.
Grit Dora