Im Keller
Ulrich Seidls Filme sind zutiefst beklemmend und verderben einem so richtig schön den Glauben an die Menschheit (so man ihn denn vorher hatte). Nachdem er sich zuletzt in seiner »Paradies«-Trilogie (»Liebe«, »Glaube«, »Hoffnung« (2012/13)) der fiktionalen Form des Erzählens zugewandt hatte, kehrt er mit »Im Keller« wieder zu seinem Spezialgebiet, dem Pseudo-Dokumentarfilm zurück. In diesem von ihm selbst geschaffenen Format lässt er Menschen vom Rande der Gesellschaft sich selber inszenieren, stellt sie in ihrer gewohnten Umgebung vor die Kamera, um sie in langen, statischen Einstellungen ihrem Alltag nachgehen und darüber berichten zu lassen, als wäre es das Normalste von der Welt. Wie viel hiervon echt ist und wie viel ausgedacht, wird nicht klar. Allein die Gewissheit, dass es tatsächlich Menschen geben kann, die diese Dinge tun, so handeln und so denken, ist das Entscheidende und das, was einem beim Zuschauen dieses unbehagliche Gefühl verleiht. »Tierische Liebe« (1995) etwa handelt von den vielseitigen Beziehungsmöglichkeiten der Menschen zu ihren Hunden; »Models« (1999) wiederum nähert sich drei Frauen, die es gewohnt sind, sich vor Kameras zu inszenieren, auf überraschend persönliche Weise.
Ulrich Seidl führt uns ein in Welten, die wir wahrscheinlich niemals kennen lernen werden, zeigt uns Abgründe, die natürlich existieren, die aber nicht öffentlich sind. Der Keller ist also der perfekte Ort für einen Film von ihm. Das, was die Menschen hier in ihren Kellern tun, ist (nach österreichischem Gesetz) wohl alles straffrei, und, na ja, vor allem auch Geschmacksache. Doch muss man beim Zuschauen auch an Josef Fritzl denken und an Babyleichen, die in Gefriertruhen lagern. Und für Assoziationen, die sein Film in unseren kranken Köpfen hervorruft, kann Ulrich Seidl natürlich gar nichts.
Felix
Buch: Ulrich Seidl, Veronika Franz
Regie: Ulrich Seidl
Kamera: Martin Gschlacht
Produktion: Ulrich Seidl Film Produktion, Coop99 Film, MMK Media
Bundesstart: 04.12.2014
Start in Dresden: 04.12.2014
FSK: ab 16 Jahren