Snowpiercer

Science-Fiction/Drama, Südkorea/USA/Frankreich 2013, 126 min

Über diesen Film wurde schon viel gesprochen: Er ist mit einem Budget von 40 Millionen US-Dollar der teuerste koreanische Film aller Zeiten. Der US-Verleiher Harvey Weinstein war der Meinung, seinem Publikum nicht den kompletten Film zumuten zu können und schnitt rund 20 Minuten raus. Auf der Berlinale sorgte er für Aufsehen durch die Anwesenheit einiger Darsteller wie etwa Tilda Swinton.
Nun kommt der Film vom Regisseur Bong Joon-ho (»The Host«) in seiner ursprünglichen Länge bei uns in die Kinos. Bei Superlativen ist ja manchmal Vorsicht geboten, aber »Snowpiercer« beeindruckt auf so vielen Ebenen, dass es eine Wonne ist. Er basiert lose auf der Graphic Novel »Snowpiercer« des Franzosen Jean-Marc Rochette und erzählt eine Geschichte im Jahr 2031: Die Erde ist von Schnee und Eis bedeckt, alles Leben ist unmöglich geworden, nachdem mit Riesenmengen Kältemittel versucht wurde, den Klimawandel zu stoppen. Ein paar Hundert Menschen leben in einem rasend schnellen Zug, der niemals anhält. Gesteuert und befehligt wird er von dem Diktator Wilford (Ed Harris). In den hintersten Abteilen leben zusammen gepfercht die Armen, die mit glibberiger Proteinmasse ernährt werden. In den vorderen Zugteilen findet die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln statt, die Privilegierten leben in Saus und Braus. Zur Machterhaltung werden Soldaten und äußerst brutale Methoden eingesetzt. Schließlich hat es schon Versuche einer Revolte gegeben. Auch jetzt gibt es wieder Pläne, die strikt gesicherten Waggontüren zu überwinden und „die Maschine“ vorne zu übernehmen. Der alte Gilliam (John Hurt) hilft den jungen Aufständischen Curtis (Chris Evans) und Edgar (Jamie Bell) bei der Planung.
Nach den Anfangsszenen in den tristen, beengten Waggons der versklavten Menschen beginnt nun der Marsch durch den Zug nach vorne. Die Aufständischen befreien den Sicherheitsexperten Namsoong (Song Hang-ko) aus dem „Gefängnis“ (das eher wie ein Leichenschauhaus aussieht) und kämpfen sich weiter. Jeder Waggon bietet neue Überraschungen, sobald die schweren Türen aufgehen. Das gerät dank eines Feuerwerks an Produktionsdesign und -ausstattung faszinierend. Die Geschichte ist bis zum überraschenden Ende total stimmig, die Figuren agieren je nach Rolle heldenhaft oder völlig überzeichnet. Tilda Swinton ist eine Maggie Thatcher-artige Komplizin Wilfords mit Überbiss, Alison Pill eine überdrehte Lehrerin, die ihre Kinder mit Geschichten über den „heiligen“ Wilford indoktriniert.
»Snowpiercer« begeistert als atemberaubendes Kinoerlebnis, das gleichzeitig Actionkino und Gesellschaftssatire ist und dabei visuell wahrlich überwältigt.
Petra Wille