Anderson

Dokumentation, Deutschland 2014, 95 min

Von Biermann bei seiner Enttarnung 1991 als Sascha Arschloch tituliert, steht der Schriftsteller, Underground-Papst, Punk-Impressario und Stasi-„IM mit Feindberührung“ Sascha Anderson, nach wie vor selbstbewusst im Mittelpunkt seines einstigen Lügengebäudes. Schlafende nennt er seine ehemaligen Opfer, er selbst sei nur der Schlaf gewesen. Und Reue, sorry, lohne nicht. Diese sehr spezielle Täter-Doku zupft hier und da am Deckmantel der Geschichte, rüttelt dann wieder heftig am ganzen Kartenhaus DDR, um erstaunt zu dem Schluss zu kommen; das Sein (ver)formt das Bewusstsein. Zumindest das von Anderson. Im Prenzlauer Berg der 80er Jahre galt Sascha Anderson als eine Art Popikone der versammelten, subversiven Untergrund-Kulturszene. Er betörte mit seinen Worten, verführte mit seinem Körper und spielte mit Leichtigkeit jegliche Rolle. Der ideale Mann, um im „Schrebergarten der Stasi“ die Früchte zu ernten. Selbst nachdem er 1986 in den Westen ging, bespitzelte er weiterhin seine Ex-Mitbürger. Die Filmemacherin Annekatrin Hendel, knüpft direkt an »Vaterlandsverräter«, für den sie einen Grimme-Preis zugesprochen bekam, an und zeigt erneut, dass auch 25 Jahre nach dem offiziellen Ende der Stasi-Herrschaft etliche Wunden noch nicht verheilt sind. Sie selbst begleitete damals eine Freundin, die ein Verhältnis hatte mit Anderson, Hendels Blick ist also seit 30 Jahren geschärft. Sie war es auch, die, einer vollkommen abwegigen Idee folgend, die Küche von Ekkehard Maaß, Schönfließer Straße, Berlin Prenzlauer Berg, als ein Studio-Set nachbauen und mit Originalinventar bestücken ließ. Um Anderson genau dort mit seiner Vergangenheit zu konfrontieren, wo er heute nicht mehr hin darf. Wo er aber unzähligen Menschen das größte Leid zugefügt hat. Nämlich an dem Ort, den viele von ihnen als den sichersten Ort im Staate glaubten, als einen Platz größter geistiger Freiheit. In Maaß' Küche wird der Film zum Erinnerungsraum für einen Verräter.
alpa kino

Buch: Annekatrin Hendel

Regie: Annekatrin Hendel

Produktion: IT WORKS! Film, rbb, hr

Bundesstart: 02.10.2014

Start in Dresden: 02.10.2014

FSK: o.A.